Remote 2.0: Geht echte Konzeptarbeit auch digital?

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Digitale Kollaboration | Remote Work

Teil 2/2: Das Wunder der „Entwurfsmentalität“

tl;dr Konzept- und Entwurfsarbeit ist eine wichtige Phase in jedem Innovationsprojekt und in jeder Teamarbeit. Diesen oft analogen Arbeitsmodus ins Digitale zu überführen, halten wir für besonders herausfordernd. 3 Gründe, warum das so ist.

<< Zum Ersten Teil dieser Serie bitte hier entlang

In Zeiten von Corona funktioniert ja gerade alles Arbeiten nur #remote. Das Problem ist nur: manche Arbeitsmodi funktionieren sehr gut digital, andere dagegen eher “geht so” 🥴

Für uns ist das Problemkind des digitalen Arbeitens die Konzeptarbeit. Also gemeinsam im Team eine neue Idee, eine neue Struktur, ein neues Konzept zu erarbeiten.

Warum das so ist, haben wir mal für uns reflektiert und aufgeschrieben. Dabei sind uns drei Problembereiche aufgefallen:

1) Gemeinsames Verständnis

Welche Techniken stehen uns zur Verfügung, um anderen Menschen unsere Perspektive auf ein Themenfeld oder ein spezielles Problem näherzubringen?

Analog machen wir das durch eine Kombination aus Erklären, Zeigen, Visualisieren und Erleben. Digital bleibt uns oft nur die Wahl, alleine auf Visualisierungen und Erklärungen (die berühmte Tonspur) zu setzen. Und digital visualisieren mit nur einem Touchpad ist vor allem das: echt schwer.

Office Leben
In Zeiten von Corona so arbeiten? (Photo by Kaleidico on Unsplash)

Schlimmer noch: wir sind es gewohnt, dass diese digitalen Visualisierungen „Wahrheiten“ repräsentieren. Und deshalb gut durchdacht und zeichnerisch hochwertig sind. Hier haben wir es also mit einem Problem der Arbeitskultur anstatt mit einem Tool-Problem zu tun.

Solange wir uns also scheuen, unserem Team unsere schnellen Skizzen digital zu schicken, solange sind wir wohl noch kein richtiges Team, das ohne Angst miteinander arbeiten kann (Stichwort psychologische Sicherheit).

Der digitale Kanal und die Angst vor der ewigen Speicherung verstärken hier nur ein Phänomen, dass wir auch aus der Analogwelt kennen: die Angst, sich zu blamieren.

Deshalb: Nur Mut zu „dummen“ Fehlern, schlechten Skizzen oder Entwürfen. Vor allem im digitalen Raum. Alles ist ein Entwurf. Handskizzen sind erwünscht.

Unsere Experiment-Ideen dazu:

  • jede*r Mitarbeiter*in bekommt einen touchfähigen Stift zum Zeichnen
  • Tools nutzen, in denen man Tablets/smartphones als Second Screen nutzen kann
  • Routinen bauen für blitzschnelles 1) manuelles Zeichnen und 2) Foto direkt aufs digitale Whiteboard bringen.

Was funktioniert für euch gut?

Gadgets

2) Gemeinsame Synthese:

Teamarbeit bedeutet oft, verschiedene Sichtweisen ineinander zu integrieren. Diese Integration nennen wir normalerweise Synthese-Leistung.

Normalerweise ist der Übergang von Verständnis zu Synthese ein fließender Prozess. Wir bemerken die Abgrenzung der einzelnen Phasen oft nicht, wenn wir physisch im selben Raum mit anderen arbeiten.

Sind wir im digitalen Raum, macht jede*r für sich im Kopf eine eigene Synthese. Wir haben verschiedene Bilder in unseren Köpfen.

Sprache ist leider oft ein scheußliches Werkzeug, um sich im Team zu synchronisieren.

Deshalb ist es wichtig, dass wir nicht nur die Vorstellungen und Skizzen der anderen gesehen haben, sondern auch die jeweils wichtigsten Erkenntnisse gemeinsam notieren. Dies ist ein wichtiger Schritt, der erfahrungsgemäß aus Faulheit gerne mal wegfällt 😇

Aber nur so dokumentieren wir den Erkenntnis-Fortschritt als Team und können nachvollziehen, warum wir welche Entscheidungen getroffen haben — um später gegebenenfalls zu einem früheren Stadium zurückzukehren.

Deswegen sind wir — vor allem auch im digitalen Raum — Fans von folgendem Vorgehen:

  • Erkenntnisse-Liste anlegen und kontinuierlich erweitern
  • Erkenntnisse gemeinsam priorisieren
  • gemeinsam die Kriterien für die zu erstellende Lösung festlegen
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3) Gemeinsame Lösung:

Auch hier geht es wieder darum, mehrere Entwürfe zu gestalten. Typisches Vorgehen im digitalen Raum: eine Person schlägt eine Lösung vor, die wir dann totdiskutieren. Super! Macht riesig Spaß, probiert das mal aus 🤥

Oft verpulvern wir so wertvolle Zeit mit unwichtigen Details, lassen die Grundidee des Entwurfs aber unangetastet. Zufrieden ist am Ende so keine*r.

Gegenvorschlag: Jedes Teammitglied muss mindestens einen Entwurf selbst gestalten. Diese tragen wir danach zurück in das Team. Dann wird jede Lösung analysiert, z.B. mithilfe dieses Frameworks.

Während wir alle Lösungen analysieren, ergänzen wir die Erkenntnisse-Liste um die Dinge, die wir aus den Entwürfen gelernt haben und starten dann eine neue Entwurfsrunde.

Dabei ist zu bedenken: Ab einem gewissen Zeitpunkt oder einem gewissen Detailgrad der Lösung ergibt es keinen Sinn mehr, parallel zu arbeiten. Dieses gemeinsame Gefühl des “richtigen Wechsel-Augenblicks” ist für jedes Team unterschiedlich, aber Ausdruck eines gut arbeitenden Teams.

Entwurfs-Prozess:

Wichtig für uns war es zu erkennen, in welchem Stadium der Lösungsfindung wir uns befinden, um die richtigen digitalen Tools zu nutzen:

1) Entwurf Stadium (alle machen mit):

Dieses Stadium läuft meist so ab: Entwürfe vorstellen → Entwürfe analysieren → Erkenntnisse herausziehen → Entscheidungen treffen

💻 Digitaler Ort: digitale Whiteboard-Lösungen (z.b. Mural, Miro oder metroretro.io)

2) Detail-Konzeption (ein gemeinsames Dokument, parallele Arbeit):

Das funktioniert so ganz gut bei uns: alle arbeiten parallel im Dokument (über einen fest definierten Zeitraum) → regelmäßige Abstimmungen über die Veränderungen → gemeinsame Entscheidungen

💻 Digitaler Ort: Google Dokumente o.ä.

3) Finale Konzeption (ein Dokument, nacheinander geschaltete Arbeit):

Und dann so: Zeitblöcke für die Team-Mitglieder, um die Einzelarbeit zu finalisieren → Entscheidungs- & Feedback-Meetings

💻 Digitaler Ort: Google Dokumente mit Kettenbrief-Email, Loomio für asynchrone Entscheidungsfindung

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Was kann ich in meinem Home Office jetzt tun?

  • Lade dir diese kostenlosen Templates herunter, wenn du deine Arbeitsmodi bzw. die deines Teams mal genauer analysieren möchtest. Das hilft oft, um besser zu verstehen, wo Probleme entstanden sind bzw. welche digitalen Tools helfen könnten.
  • Kultur vs. Tool: Vorsicht vor Tools, die eine Lösung für etwas versprechen, das ihr nur selbst lösen könnt.
  • Für alle, die darüberhinaus noch wissen wollen, wie man einen Arbeitsplatz zu Hause einrichtet (falls ihr von solchen Tipps nicht eh schon überschwemmt seid), haben wir hier eine Empfehlung für ein kostenloses E-Book.

In diesem Sinne: frohes Remoting! Und: was sind eure Tipps für uns? 🙏🏽

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