Entrepreneurship | Genossenschaften | Teampreneure
tl;dr Treffen sich Studierende des Studiengangs GIF (Gründung, Innovation, Führung) an der Uni Bremerhaven und Fried von Dark Horse in einer Online-Session. Sagt der eine zu den anderen: Gründen in Gruppen geht doch. Sagen die anderen: Finden wir auch, nur anders. Ein Erfahrungsaustauschbericht.
Die klassische Start-up-Heldengeschichte geht doch so: Der Held (und viel zu wenig die Heldin) stolpert über eine grandiose Idee, sucht sich noch max. zwei weitere Komplizen (und viel zu wenig Komplizinnen) und gemeinsam wird ein Start-up gegründet.
Auf dem Weg wird man unterstützt von netten, wohlwollenden Business Angels und Investoren und am Ende des Regenbogens wartet ein großer Geldspeicher namens „Exit“ und Dagobert persönlich lässt einen ins kühle Geldnass hüpfen. So schön, so klischeehaft, so gut.
Es gibt aber noch eine alternative Heldengeschichte: das Gründen in Gruppen. Nicht der Held oder die Heldin, nein eine Gruppe von mehreren Komplizinnen gründet ein Unternehmen. Und gerne nicht mit dem Ziel Geldspeicher, sondern mit dem Ziel Weltverbesserung.
Oder wie unser lieber Freund Micha Fritz (Gründer von Viva con Agua) es formuliert: „Es wäre ganz schön 80er, jetzt noch ein Start-up ohne gesellschaftlichen Mehrwert zu gründen“. So schön, so klischeehaft, so gut.
Aber auch die alternative Heldengeschichte ist in der Realität alles andere als einfach. Gründen in der Gruppe – geht das überhaupt? Und wenn ja, welche Fallstricke gibt es, welche Hilfe braucht die Heldentruppe, wo sind die Fallen und Sackgassen?
Dafür haben sich 80 Studenten der Hochschule Bremerhaven (die am ersten Tag ihres Studiums eine Genossenschaft mit 15 Kommiliton*innen gründen) und Fried, Gründer von Dark Horse (die sich als Gruppe von 30 Kompliz*innen gegründet haben) zusammengetan, um sich über die Sonnen- und Schattenseiten des Gruppen-Gründens auszutauschen.
Das Ergebnis? Eine Top-5-Liste der Dos und Don’ts des Gruppengründens. Oder anders formuliert: Jeweils 5 Dinge, die sich GIF-Studierende bei Dark Horse abschauen würden – und 5 Dinge, die sie lieber nicht wie Dark Horse machen würden.
5 Dinge, die wir wie Dark Horse machen würden
Die Meinungen während der und nach den Workshops von Fried gingen zwischen den GIF-Studierenden weit auseinander. Während einige die Dark Horses für verrückt erklärten, waren andere begeistert von den Ansätzen und wollten sie am liebsten gleich alle in die Tat umsetzen.
Welch ein Glück, dass hier – anders als in der Geschäftswelt – keine Einigung notwendig ist. Die folgende Liste bildet also keinesfalls die Meinung aller Teampreneure ab, sondern nennt die Punkte, die der größte Teil des Studiengangs übernehmen würde oder wird.
1. Gleiche Arbeit – gleicher Verdienst?
Eine Streitfrage, die in der deutschen Wirtschaft seit jeher immer wieder aufkocht, ist die des Gehalts. Ist es fair, dass Fußballer in einem Verein alle ein unterschiedliches Gehalt bekommen?
Dark Horse sagt nein! Das Team ist nur erfolgreich, wenn alle Komplizinnen ihren Beitrag leisten und da spielen Position, Alter und Firmenzugehörigkeit einfach keine Rolle.
Aus diesem Grund ist das Gehalt bei Dark Horse in zwei Teile aufgeteilt: ein immer gleiches Grundgehalt, das zum Überleben ausreicht, und ein Bonus, der vom Gewinn des Unternehmens abhängt.
Weil Gehalt und Boni von gearbeiteten Tagen abhängen, bekommt jede*r für den gleichen Zeitaufwand – den einzigen, zuverlässig messbaren Faktor – das gleiche Geld. Wer mehr verdienen will, muss dafür sorgen, dass das Unternehmen mehr Gewinn macht und steigert so auch den Verdienst der anderen.
Nicht nur wie das Gehalt verteilt wird, war und ist für viele GIF-Teampreneure spannend. Auch der Weg, wie diese Verteilung zustande kommt, ist elementar wichtig. In beinahe jeder der inzwischen neun Genossenschaften war die Gewinnverteilung am Ende des Studiums ein Thema, wurde aber meist auf später vertagt.
Diese Ungewissheit, was mit dem erwirtschafteten Geld passiert, bremst allerdings die Geschäfte und sollte so früh wie möglich geklärt werden. Konträr dazu steht die Aussage von Fried: „Über Gehalt entscheidet man nur, wenn es Gehalt zu verteilen gibt. Wenn’s kein Gehalt zu verteilen gibt, kann man sich streiten über Gehalt, aber es wird nie fließen.“
Bei Dark Horse scheint das weniger ein Problem zu sein als bei GIF: Hier wird die Gehaltsfrage regelmäßig neu verhandelt, was sicherstellt, dass jedes Teammitglied gehört und respektiert wird. Das gilt nicht nur für das Gehalt, sondern für alle wichtigen Themenfelder des Unternehmens.
2. Fuck it Up!
Einer der gerade angesprochenen Boni ist der „Fail Award“, für den sich jedes Dark Horse selbst nominieren kann. Dass man Fehler offen teilen sollte, um daraus zu lernen, ist leider in vielen großen Unternehmen noch nicht angekommen und auch bei GIF ist dieser Grundsatz noch nicht ausreichend in der eigenen Organisationskultur etabliert.
Bei Dark Horse jedoch wird für den größten Fail sogar ein Preis ausgelobt, der mit einem dreistelligen Gutschein dotiert ist. Auf diese Weise fördert man die Fehlerkultur und stärkt das Gefühl von Vertrauen und psychologischer Sicherheit im Team. Doch wie sieht das in der Praxis aus?
3. Vertrauen als Grundlage eines genialen Teams
Nicht nur Fehler werden im Team geteilt. Die Basis der Zusammenarbeit ist Vertrauen, oder wie es eine Studie von re:Work zusammenfasst: Psychological Safety. Bei Dark Horse äußert sich das in einer gelebten Selbstkontrolle der Mitarbeitenden auf Basis der geteilten Werte und Prinzipien.
Durch dieses Vertrauen fühlt sich jedes Individuum sicher, Risiken einzugehen und Fehler einzugestehen. Man kann sich aufeinander verlassen (Dependability) und die Rollen und Ziele des Einzelnen sind klar (Structure & Clarity). So hat jeder Komplize und jede Komplizin das Gefühl, dass die eigene Arbeit wertgeschätzt wird (Impact) und wichtig ist (Meaning), damit das Team als Ganzes funktioniert.
Um solch ein grundlegendes Vertrauen und damit auch Fairness untereinander aufzubauen, veranstaltet Dark Horse regelmäßig Teamevents, bei denen es oft um private Themen geht. Auch während der Arbeit wird Kollaboration gelebt. Wer schon einmal das Dark-Horse-Büro gesehen hat, wird das allein schon an der offenen Raumgestaltung erkannt haben.
Auch bei GIF ist es das Ziel, so eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, doch weil die Teams möglichst heterogen zusammengestellt werden, gibt es doch einige Spannungen. Sind diese aber überwunden, öffnen sich ganz andere Wege der Zusammenarbeit, wie zum Beispiel der folgende:
4. Kundenorientierung durch dezentrale Entscheidungen
Schon einmal etwas von der Pfirsich-Struktur gehört? Nein? Vielen GIF-Studierenden ging es ähnlich, als Fried dieses Organigramm von Dark Horse präsentierte. Dabei handelt es sich um ein Konzept, das gerade großen Unternehmen viel Stress ersparen und den Mitarbeitern mehr Selbstverantwortung geben könnte.
Dark Horse ist also aufgebaut wie ein Pfirsich – weiche Schale, harter Kern? Keinesfalls! Vielmehr ist die Außenhaut gefragt, wenn es um Verhandlungen und Entscheidungen geht, die die Kundschaft betreffen.
In den autonomen Projektteams ist das Wissen und der Kontakt vorhanden, es lässt sich also in kurzer Zeit die beste nutzerzentrierte Lösung finden. Wichtige Entscheidungen, die das gesamte Unternehmen betreffen, werden auch im Team besprochen.
Dazu gehören neben der Unternehmensstrategie auch das Gehalt, Controlling und operative Weisungen. Damit sollte auch klar sein, wer Einzelentscheidungen (wie zum Beispiel Urlaub) trifft – niemand anderes als die Person, die betroffen ist.
Bei dieser Unternehmensorganisation stellt sich die berechtigte Frage, welche Rolle der Geschäftsführer dann noch hat. Die Antwort liegt eigentlich auf der Hand: keine mit Entscheidungsgewalt. Viel mehr kümmert er sich darum, dass die Außenhaut mit Ressourcen versorgt wird, die Kommunikation zwischen den Projekten nicht einschläft und Netzwerke entstehen.
Weil die Geschäftsführung so wenig Verantwortung hat, aber in Deutschland eben existieren muss, wird sie bei Dark Horse jährlich ausgelost. Dieses Vorgehen fand unter den GIF-Studierenden wenig Anklang, dazu später mehr.
5. Gruppenmeeting ohne Chaos?
Wenn es keine Geschäftsführung gibt, die Entscheidungen trifft, heißt das zwangsläufig, dass alle wichtigen Themen im Team diskutiert werden müssen und wer schon einmal ein Meeting mit 30 Personen erlebt hat weiß: Das ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Das Problem hierbei ist, dass es niemals einen Konsens geben wird und im Falle einer demokratischen Abstimmung die Gegner die Entscheidung nicht mittragen würden. Doch Dark Horse wäre nicht Dark Horse, wenn es dafür nicht auch eine Lösung geben würde.
Inspiriert wurde dieser Ansatz von einem Sabotage-Handbuch der CIA. Wie? Man macht einfach das Gegenteil von dem, was dort steht. Daraus resultiert ein Meeting, das in drei Teile geteilt ist:
- Direkt zu Beginn werden Entscheidungen getroffen. Dafür muss die Person, die die Entscheidung verlangt, zwangsweise mindestens einen Lösungsvorschlag vorlegen. Ist einer dieser Vorschläge prinzipiell vernünftig, wird er angenommen und ausprobiert.
Innerhalb dieses Prozesses gibt es eine symbolische „Notbremse“, die vorher vereinbart wird und die Entscheidung revidiert. Prinzipiell kann sie von jedem Mitglied betätigt werden. Wer das tut, muss allerdings dabei helfen, eine neue Lösung zu entwickeln. - Probleme, die noch ohne Lösung daher kommen, werden im Anschluss an den ersten Teil in einer Feedback-Schleife vorgestellt und gegebenenfalls besprochen.
- Zum Abschluss des Meetings gibt es noch Updates und News.
Weitere Punkte, um ein Meeting effizient zu gestalten, sind eine Agenda, die im Voraus festgelegt wird, und Handzeichen, mit denen Bestätigung oder Ablehnung ausgedrückt werden. So wird verhindert, dass wichtige Punkte von allen Teammitgliedern wiederholt werden – ein Problem, das bei GIF bisher häufig für Frustration sorgte.
5 Dinge, die wir lieber nicht wie Dark Horse machen würden
Neben den Dingen, die für viele sehr spannend und sinnvoll wirken, gibt es auch gleichermaßen Aspekte, bei denen ein kritischer Blick sinnvoll ist und ein blindes „Übernehmen“ wenig zielführend scheint. Daher folgt nun die Auflistung von Dingen, die die Teampreneure von GIF lieber nicht so wie Dark Horse machen wollen.
Denn Dinge, die für die eine Organisation funktionieren, können wiederum für eine andere Organisation ganz und gar nicht funktionieren. Spannend ist, wie sich der Blick mit der Weiterentwicklung der Organisation auf die folgende Liste verändert – doch nun folgt der Status quo.
1. Das Los entscheidet!
Warum sollte man die Geschäftsführung auslosen?
Der Anlass für diese für einige vermutlich etwas irritierende Frage ist die jährliche Wahl der Geschäftsführung von Dark Horse. Die jeweils „gewählten“ Geschäftsführer*innen erleben keine demokratische Wahl. Auch keine soziokratische Wahl.
Nein, sie werden per Los ausgewählt und dürfen das Amt für ein Jahr übernehmen. Die Besetzung der Posten rotiert jährlich, sodass immer die Geschäftsführer*innen des Jahres gewählt – oder besser gesagt – gelost werden.
Eingeleitet durch ein kurzes Video der letzten Auslosung der neuen Dark-Horse-Geschäftsführung gab es für die GIFler den Raum zur gemeinsamen Betrachtung dieses etwas anderen „Wahlformats“.
Ein zusammenfassendes Fazit zu ziehen fällt bei der Betrachtung des genutzten Miro Boards schwer – das Vorgehen stieß bei den Teampreneuren auf gemischte Gefühle. Die Befürworter sehen darin die Chancen für eine gute Verteilung von Verantwortlichkeiten und eine starke Vertrauensbasis innerhalb des Teams.
Zugleich sehen die kritischen Blicke der Teampreneure die Geschäftsführung als sehr wichtiges und verantwortungsvolles Amt an, welches auch mit der Haftung in den Genossenschaften einhergeht. Daher sollte hier nicht das Los entscheiden, sondern die letzte Entscheidungskraft bei wichtigen Beschlüssen in Händen eines gewählten Vorstandes verbleiben.
Das aus Dark-Horse-Sicht veraltete Modell des klassischen Chefs kommt durch die Interaktion auf Augenhöhe dabei allerdings auch im Kontext des Studiengangs nicht mehr hervor.
Hierbei spielt die Entwicklung des jeweiligen Teams/Unternehmens ebenso eine Rolle. Der Faktor, der üblicherweise Unternehmen dazu veranlasst, sehr aufmerksam mit Ressourcen umzugehen – der Kampf um die Existenz des Unternehmens – ist durch den Rahmen eines Studiums etwas abgefedert. Hierdurch wird Verantwortung teilweise sehr verschieden wahrgenommen.
Daher steigt mit fortlaufender Zahl von Projekten, sowie Erfolgen als auch Misserfolgen im Team, auch das Vertrauen der Gesellschafter untereinander. So kann es Teams geben, für die eine Auslosung das richtige Format ist. Andere entwickeln sich möglicherweise dahin. Und wieder andere wählen ihr eigenes Vorgehen.
2. No Kundenakquise
Kund*innen – kein Unternehmen kann ohne sie! Manchmal sehr offensichtlich, manchmal nur indirekt erkennbar, doch jedes Unternehmen hat in seiner Form Kund*innen und steht in einer Interaktion mit ihnen. Für Teamcoach und Studiengangsleiter Michael Vogel (Professor für Entrepreneurship Education), ist die Kundschaft der Genossenschaften ein elementarer Bestandteil für das Lernen im Studiengang.
Teamcoach Ann-Cathrin Scheider sieht hierin unter anderem die Entwicklungspotenziale, Eigeninitiative zu zeigen und die eigene Selbstwirksamkeit zu steigern.
Hört sich soweit gut an, ist jedoch an vielen Stellen eine große Herausforderung. Wie schafft man es, als neues Team ohne Bestandskunden die ersten Interessent*innen zu begeistern und für sich zu gewinnen?
Der ungewöhnliche Weg von Dark Horse: die Kundschaft zu sich kommen zu lassen. Ganz nach dem Motto „Verkaufen durch nicht verkaufen.“ Keine Kaltakquise, sondern zeigen, was das Team um die 30 Gründer*innen interessiert, was sie gut können und wo sie motiviert sind.
Ein spannender Gedankenansatz, den dennoch nicht alle GIFler so unterschreiben können. Ein kompletter Verzicht auf Kaltakquise und Vertrieb ist etwas, dass wir lieber nicht so machen wollen wie Dark Horse. Vielmehr erweitert es unsere Möglichkeiten.
Aktive Kundenakquise auszuprobieren und daran zu lernen wird für viele Projekte eine wichtige Erfahrung sein. Je nach Geschäftsmodell oder Arbeitsweise kann diese Erfahrung für Gründungen nach dem Studium oder einen Berufseinstieg von Vorteil sein.
Ferner geht damit der Anstoß einher, darüber nachzudenken, wie wir es schaffen können, uns dem zu widmen, was uns Spaß macht und interessiert und zu lernen, dies so zu kommunizieren, dass Kund*innen zu uns kommen und mit uns arbeiten wollen.
3. Das Gehaltsmodell schwarz-weiß übernehmen
Bei diesem Punkt haben sich die Geister der Teilnehmenden geschieden und es gab starke Variationen je nach eingenommener Perspektive. Grundlegend sehen viele Teampreneure das schon zu Beginn angesprochene Gehaltsmodell von Dark Horse als sinnvolles Konzept an, da so der Mehrwert für die Kundschaft in den Vordergrund gestellt wird.
Zugleich ist es aber auch etwas, dass wir nicht wie Dark Horse machen wollen, da in unseren Genossenschaften das Finanzieren von Projekten zum Lernen im Vordergrund steht. Außerdem sind die Geldmittel in den Teams teilweise noch sehr knapp, sodass ein Grundgehalt eine derzeit zu große Hürde ist. Die Nutzung eines reinen Bonussystems ohne das Grundgehalt könnte hierbei eine potenzielle Lösung darstellen.
Ebenfalls bei Dark Horse regelmäßig diskutiert ist die Einstellung zur Verbindung von Erfahrung und Gehalt. Im aktuellen Gehaltsmodell wird Erfahrung nicht mit der Höhe des Gehaltes verglichen.
Damit einher geht der hypothetische Kritikpunkt, dass so eine Person mit Vorwissen möglicherweise keine Anreize hat, ihr Know-how zum Lernen im Team zu teilen, sondern vor allem den Anreiz erhält, an der eigenen Bonuszahlung zu arbeiten. Womit wir direkt beim nächsten Punkt wären:
4. Fairness
Was ist fair? Objektive Fairness existiert nicht und es gibt verschiedenste Auffassungen und Vorstellung davon, was für Personen als fair zu bezeichnen ist. Innerhalb des Workshops hat Fried mit einem einfachen Beispiel die Komplexität von Fairness aufgezeigt.
Indem er erst im Nachgang an eine gestellte Aufgabe geschildert hat, dass es für die Gruppe mit der richtigen Antwort ein Give-away gibt, sind verschiedene Perspektiven entstanden, wie diese Situation beurteilt werden kann. Dazu haben wir uns anschließend in kleinen Break-Out-Gruppen damit beschäftigt, ob bzw. in welcher Form dieses Vorgehen fair war.
Besonders der Aspekt der extrinsischen Motivation, durch ein Give-away als Antreiber dafür eine Aufgabe zu erledigen, sorgte für Diskussion. Sollte z.B. ein Meinungsaustausch in einem Workshop nicht intrinsisch motiviert sein, anstatt einen externen Anreiz erhalten zu müssen? Oder wäre es fairer, jemanden zu belohnen, der ohnehin intrinsisch an der Aufgabe gearbeitet hat, ohne die vorherige Ankündigung?
Vielleicht kein Punkt, den wir explizit anders als Dark Horse machen würden. Vielmehr ist es ein Aspekt, bei dem – wie schon angesprochen – verschiedene Sichtweisen möglich als auch anzuerkennen sind, und es somit kein richtig oder falsch gibt.
Könnte ein möglicher Gewinn einzelne Personen vielleicht auch abschrecken oder zusätzlich verunsichern? Wie wirkt sich dies langfristig auf Teamdynamiken aus? Fragen, die sich aus dem Stand heraus nicht einfach beantworten oder übertragen lassen, sodass dies zu einem der fünf Dinge gehört, die wir nicht von Dark Horse übernehmen würden.
5. Hingabe, Leidenschaft und Weltverbesserung
Der abschließende und in unserem Studiengang oft diskutierter Aspekt ist die Frage nach der Leidenschaft, die hinter Projekten und Aufträgen steht. Sollten wir nach Projekten suchen, die wir ausschließlich machen, weil wir es möchten und Spaß daran haben?
Falls ja, wie schaffen wir es damit schnell ausreichend Geld zu verdienen, damit Fixkosten gedeckt werden? Und falls nein, wie wirkt sich ein Projekt zum Geld verdienen, aber ohne eigene Flamme, auf die eigene intrinsische Motivation aus?
Gerade den Gedanken, dass das Unternehmen schon Geld erwirtschaften wird, wenn Aktivitäten getan werden, die den eigenen Interessen oder den eigenen Leidenschaften folgen, wollen wir bei GIF nicht so von Dark Horse übernehmen.
Wir unterteilen innerhalb des Studiengangs zwar zwischen sogenannten Herzensprojekten, bei denen ein jeder Ressourcen erhalten soll, um diese voranzubringen. Auf der anderen Seite ist es aktuell noch häufig so, dass wie zuvor angesprochen, Geldmittel teilweise noch eingeschränkt sind. Daher besteht hier die Notwendigkeit, ebenso mal bei Aufgaben mitzuwirken, die (vermeintlich) nur wenig Spaß machen.
Außerdem profitiert der Studiengang von seiner Heterogenität. Vom Mindset des Social Entrepreneurships bis hin zum durchgetakteten, effizienten Unternehmertum finden sich alle Spektren in den Motivatoren und Persönlichkeiten unseres Teams wieder. Hier einen richtigen Weg oder eine klare Haltung zu bestimmten unternehmerischen Ausrichtungen anzunehmen oder zu entwickeln, sollte nicht das große Ziel sein.
Vielmehr ermöglicht die Heterogenität es, gegenseitig viel voneinander zu lernen, Akzeptanz zu schaffen und zugleich dafür zu sensibilisieren, keine Feindbilder zu entwickeln, sondern zu lernen, gemeinsam zu denken.
Schreiben in Gruppen – wie dieser Blogartikel entstand
Dieser Artikel ist gleichzeitig ein Experiment gewesen in asynchroner Gruppenarbeit: von 80 Studenten geschrieben, von Vanessa Kowalewski, Sebastian Fock, Aron Biesenbach und Lukas Winkel editiert und von Fried auf dem Dark Horse Blog veröffentlicht. Ganz ohne Meetings. Geht doch 🙂
Illustration von Vanessa Kowalewski