Visuelle Tools für Strategen: Mehr Klarheit, bessere Entscheidungen?

Visuelle Tools für Strategen Mehr Klarheit, bessere Entscheidungen?

tl;dr Die Superpower von Design Thinking – visuelles Arbeiten an komplexen Problemen – könnte auch in der Strategie-Arbeit helfen. Wir stellen drei visuelle Tools vor, die die Strategieentwicklung bereichern und Einblicke in Stakeholder-Dynamiken, kausale Schleifen und Synergiekarten für effektivere Entscheidungsfindung in komplexen Systemen bieten.

Die aus unserer Sicht meist unterschätzte Superpower von Design Thinking ist visuelles Arbeiten – meist am Whiteboard und mit bunten Post-Its, so das Klischee. Hier werden Diskussionen visuelle Wirklichkeit, aus Gedankenwolken werden klare Visualisierungen. Umgekehrt schon oft in Meetings und Workshops erlebt: Ohne Visualisierungen nur viel heiße Luft und wenig Anfassbares.

Nur: während wir in der Innovationsarbeit schon eine Vielzahl von Visualisierungstechniken etabliert sehen, vermissen wir bei der Strategiearbeit diese Fülle an visuellen Möglichkeiten. Am Ende ist es dann doch gerne mal die berühmte 2×2-Matrix der SWOT-Analyse – die wohl immer öfter im Mülleimer der Strategiearbeit landet.

Warum visuelles Arbeiten so wichtig ist

Fun Fact: in einer Untersuchung des HPI zu Vorteilen von Design Thinking gaben 71% an, dass Design Thinking die eigene Arbeitskultur verbessert hat. Nimm dies, Klischee!

Aber warum ist visuelles Arbeiten in der Strategiearbeit so entscheidend? Nun, es hat einige klare Vorteile, besonders wenn komplexe Fragen auf dem Tisch liegen:

  • Die visuelle Sprache versteht (fast) jede*r: so können unterschiedliche Perspektiven sehr einfach zusammen gebracht werden, ohne Missverständnisse zu produzieren
  • Visuelle Sprache kann (fast) jede*r: das schnelle Malen von Frameworks, das Kleben von Post-Its, das ist das Gegenteil von Rocket Sciene und funktioniert (fast) überall.
  • Unser Gehirn mag Visualisierungen: mit visuellen Darstellungen können wir komplexe Sachverhalte deutlich schneller verarbeiten. Ihr wisst ja: ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“

Genau deswegen würde der Strategiearbeit aus unserer Sicht solche visuellen Hilfsmittel sehr gut zu Gesicht stehen. Strategie sollte verständlich, praxisnah und einfach kommunizierbar sein. Voilà, hier ist unser Plädoyer für mehr visuelle Tools in der Strategiearbeit.

Drei visuelle Tools für Strategiearbeit

Deswegen haben wir mal etwas visuelle Tools gesammelt und (teilweise) selbst ausprobiert, um Strategiearbeit visueller zu gestalten. Denn Strategiearbeit ist auch das Lösen komplexer Fragestellungen in multidisziplinären Teams (idealerweise) – wir könnten also wirklich visuelle Tools gebrauchen.

1. Value Exchange Map

Diese Visualisierungstechnik visualisiert die Beziehungen verschiedener Stakeholder in einem Geschäftsmodell, wie z.B. diese Karte für das Spotify-Geschäftsmodell:

Quelle: Researchgate, Board of Innovation.

Bei dieser Visualisierung werden die Stakeholder im System visualisiert, die Verbindungen zeigen Wertströme zwischen ihnen. Kruz gesagt: „Wer erhält welchen Mehrwert von wem?“ Diese Grafik hilft vor allem bei komplexeren Geschäftsmodellen mit mehreren Stakeholdern, den Überblick über Geschäftsbeziehungen und Werteflüsse zu behalten. Das ist insbesondere hilfreich, wenn man über Iterationen des Geschäftsmodells nachdenkt (z.B. „Was passiert, wenn wir diesen Stakeholder aus dem Modell nehmen?“) bzw. alle Beziehungen im Gleichgewicht gehalten werden müssen (aka Henne-Ei-Problematik).

2. Causal Loop Diagramm

Die Mutter aller Systemkarten: das Causal Loop Diagramm nutzen wir vor allem in unserem System Mapping Aktivitäten gerne und viel. Diese Art von Diagramm kann sehr gut Dynamiken im System offenlegen, die man sich dann zunutze macht, um Systeme im positiven Sinne zu verändern.

Solche Diagramme können bei der Strategiearbeit auch helfen, Dynamiken in strategischen Fragestellungen bzw. bei der Konfiguration von strategischen Synergien helfen. Ein einfaches Beispiel ist dieses Mini-Diagramm des Geschäftsmodells von Amazon.

Quelle: Charles Leon

Im Gegensatz zur Value Exchange Map werden hier Variablen und keine Stakeholder visualisiert (Beispiel: „Traffic“ statt „Premium User“). Auch die Verbindungen sind hier anders, sie verdeutlichen eher kausale Zusammenhänge. Ein Pfeil ist immer zu lesen als „je größer Variable 1, umso größer Variable“. (Pro Tipp: bei komplizierteren Diagrammen gibt es auch andere Zusammenhänge wie größer/kleiner, kleiner/größer etc. mit entsprechend anderen Visualisierungsarten).

Diese Art von Diagramm zeigt sehr schön die positiven Dynamiken des Geschäftsmodells (aka „Reinforcing feedback loops“). Solche Dynamiken offen zu legen hilft ungemein, um bei der Implementierung die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Sich verstärkende Feedback-Schleifen sind willkommen, sich ausbalancierende Feedbackschleifen sind für den Geschäftserfolg evtl. weniger wünschenswert.

3. Stakeholder- bzw. Synergy Map

Eine dritte Visualisierung fokussiert auf das Zusammenspiel einzelner Geschäftsbereiche als Gesamtportfolio. Wie hängen die einzelnen Portfolio-Teile zusammen, wo gibt es Verbindungen und Feedbackschleifen? Hier mal ein Beispiel von Disney, wie eine solche Karte aussehen könnte:

Hier werden also Geschäftsbereiche bzw. Spielfelder visualisiert. Die Verbindungen zeigen dann Synergien bzw. Abhängigkeiten an (Beispiel: „Disneyland“ kreiert Content für das „Walt Disney Magazin“).

Solche Karten zeigen sehr schön, wie verschiedene Geschäftsbereiche voneinander abhängig sind bzw. sich gegenseitig verstärken können. Diese Karte hilft, die einfache Formel „1+1=3“ im strategischen Sinne zu validieren. Passen Geschäftsbereiche wirklich zusammen? Oder gibt es Bereiche, die als freischwebende Satelliten auf der Karte erscheinen?

Solche Visualisierungen können immens hilfreich sein, wenn es um eine Umstrukturierung des Portfolios geht. Welche Anteile sind strategisch wichtig, welche Anteile bringen keinen Mehrwert für das Gesamtsystem?

Fazit

Wir haben einige dieser Visualisierungen an uns selbst ausprobiert und stellen – zumindest für uns – fest: sie helfen enorm.

  • Mehr strategische Klarheit: die Visualisierungen helfen, sich schnell mit strategischen Fragestellungen auseinanderzusetzen, Probleme klar zu visualisieren und „blinde Flecken“ aufzudecken.
  • Keine Angst vor komplexen Karten: der erste Eindruck solcher Karten für Außenstehende ist oft abschreckend. Zu viele Pfeile, zu wenig Aussagekraft. Das sollte bedacht werden, wenn man solche Karten als Kommunikationsmittel einsetzen möchte (eher nicht, wäre unser professionelles Bauchgefühl).
  • Machen statt quatschen: der Mehrwert des Kartenerstellens ist riesig, das haben wir unterschätzt. Allein das Teilen der Perspektiven, das Diskutieren über strategische Fragen hilft enorm. Die fertige, visuelle Karte ist dabei fast schon ein „Nice to have“ Abfallprodukt.

Wir können also zumindest für uns behaupten, dass Visualisierungen generell und diese drei Formen der Visualisierung weiter oben uns enorm in unserer strategischen Arbeit geholfen haben. Wer noch weitere Visualisierungstechniken kennt oder seine eigenen Erfahrungen teilen möchte, wir sind immer an Austausch interessiert – meldet euch gerne!

Visuelle Tools lernen?

Wer noch tiefer eintauchen will in adaptive Strategieentwicklung oder System Mapping als Visualisierungstechnik für Systeme, der/dem bieten wir jeweils Weiterbildungen zum Thema an. Wir würden uns freuen 🙂

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